(Bild: Towfigu barbhuiya auf unsplash)

Seit 2007 arbeiten Bund und Kantone daran, persönliche Gesundheitsinformationen in einer virtuellen Datenablage zu erfassen: Gemeint ist das elektronische Patientendossier (EPD). Das Ziel des EPDs ist, dass beispielsweise der Hausarzt und die Spitalchirurgin auf einen Blick nachvollziehen können, welche Untersuchungen sie gemacht und welche Medikamente er verabreicht hat. Das entsprechende Gesetz ist bereits seit 2017 in Kraft. Während die Relevanz eines elektronischen Patientendossiers unumstritten ist, steht die Umsetzung seither pausenlos in der Kritik.

So müssen beispielsweise ambulante Ärzte weiterhin kein elektronisches Patientendossier anbieten. Heute sind nur Spitäler, Geburtshäuser und Pflegeheime sowie neu zugelassene Arztpraxen dazu verpflichtet – für ambulante Ärzte ist es dagegen freiwillig. Dies führt dazu, dass die Mehrheit der für Patient:innen relevanten Leistungserbringenden heute gar keine Daten im EPD erfassen könnten. Auch hat jeder Kanton seine eigene IT-Lösung, die häufig nicht mit anderen Systemen kompatibel ist. Viele Spitäler scheuen daher den Aufwand, obwohl sie verpflichtet wären, elektronische Patientendossiers anzubieten.

Eine sehr weit verbreitete Kritik besteht auch im sogenannten «pdf-Friedhof» des EPDs. Damit ist gemeint, dass die eigenen Daten, zum Beispiel Arztberichte, im EPD lediglich als pdf-Dokument zugänglich ist. Dies kann den Nachteil haben, dass die Dokumente nicht einfach und schnell zu durchsuchen sind.

Ebenfalls wird die Komplexität des Zugangs kritisiert: Ein EPD zu eröffnen war lange Zeit nicht online möglich und auch heute ist die Eröffnung im Verhältnis zu anderen digitalen Anwendungen relativ zeitintensiv.

Kurzum: Dass bis heute nur knapp 70’000 Menschen ein EPD eröffnet haben, scheint seine Gründe zu haben. Doch sollte es deswegen aufgegeben werden? Die SPO findet: Keinesfalls. Auch wenn die oben beschriebene Kritik grösstenteils berechtigt ist, stellt das EPD doch einen Fortschritt dar. Der Zugang zu den eigenen Patientendaten ist auch in der analogen Welt für Patient:innen überaus schwierig. Auch wenn jeder Patient das Recht hat, seine eigenen Daten einzusehen, sieht die Realität oft anders aus (lesen Sie hierzu auch unseren Ratgeber zur Herausgabe des eigenen Patientendossiers). Ein zentraler Zugang zu den eigenen Daten ist somit in jedem Fall eine Weiterentwicklung des Status Quo und verleiht Patient:innen eine stärkere Position.

In Bezug auf die genannten Probleme mit dem EPD ist der Bundesrat nicht untätig geblieben, sondern sieht aktuell eine umfassende Weiterentwicklung des EPDs vor. Drei der geplanten Massnahmen sind für allem für Patient:innen relevant:

  • Erstens sollen alle Gesundheitsfachpersonen verpflichtet werden, das EPD anzubieten (bislang sind nur Spitäler und Pflegeheime dazu verpflichtet, weshalb die meisten ambulanten Anbieter, z.B. niedergelassene Ärzte, ihre Patientendaten nicht über das EPD erfassen).
  • Zweitens soll für alle Personen mit Wohnsitz in der Schweiz, die obligatorisch krankenversichert sind oder über eine Militärversicherung verfügen, automatisch und kostenlos ein EPD eröffnet werden. Jede Person kann aber auch auf ein EPD verzichten (sogenanntes «Opt-Out»-Modell).
  • Drittens soll die Möglichkeit geschaffen werden, dass Patient:innen mit ihrer ausdrücklichen Zustimmung die nicht anonymisierten medizinischen Daten in ihrem EPD für Forschungszwecke zur Verfügung stellen können.

Neben den oben genannten Massnahmen arbeiten die Anbieter des EPDs ebenfalls konstant an der technischen Weiterentwicklung. So sollen immer mehr strukturierte Daten im EPD abgelegt und gepflegt werden. Diese machen das Anzeigen und Verwalten von Daten im EPD benutzerfreundlicher. Als erstes optimiertes Format wird beispielsweise der Impfausweis im EPD eingeführt.

Die SPO hofft, dass sich mit den oben genannten Massnahmen – insbesondere der Verpflichtung aller Gesundheitsfachpersonen – der Nutzen des digitalen Patientendossiers endlich entfalten kann.