(Bild: Rod Long auf Unsplash)

Wenn Patient:innen gefragt werden, was sie sich von einer funktionierenden Gesundheitsversorgung erhoffen, fallen immer wieder dieselben Stichworte: kontinuierliche Ansprechpartner, ein schneller Informationsfluss, und dass sie nicht jeder Fachperson ihre ganze Geschichte von Neuem erzählen müssen.

Besonders bei chronischen, lebensverändernden und komplexen Krankheitsbildern wünschen sich Patient:innen eine umfassendere Betreuung, als sie unser auf die Akutversorgung fokussiertes Gesundheitswesen heute bietet. Wichtig ist eben nicht nur den Körper zu «reparieren», hinzu kommt die psychische Belastung und oft jede Menge Organisations- und Gesprächsbedarf. Aber wer kann diese koordinierende Funktion übernehmen?

Hausärzte: Prädestiniert, aber auch limitiert
Grundsätzlich sind in der Schweiz die Hausärzte die erste Ansprechperson für Patientenanliegen, aber auch für Rückfragen der spezialisierten Kollegen: Sie verfügen über das umfangreichste Gesamtbild der Krankengeschichte einer Person. Doch der unter den Allgemeinmedizinern besonders dramatische Fachkräftemangel stellt in Frage, ob Hausärzte und ihre Teams diese Funktion noch voll erfüllen können – mehr dazu in 2 Wochen, im Interview mit Monika Reber, Präsidentin von Haus- und Kinderärzte Schweiz. Etliche Praxen nehmen keine neuen Patient:innen mehr auf, und auch wer einen Hausarzt hat, erhält nicht unbedingt einen zeitnahen Termin, wenn keine akutsomatische Dringlichkeit vorliegt.

Pflegekräfte mit Zusatzkompetenzen
Bei komplexen Erkrankungen können Advanced Practice Nurses (APN) die Rolle als kontinuierliche Ansprechperson für die Patient:innen und als Bindeglied zwischen verschiedenen Ärzten und Pflegenden übernehmen. Sie verfügen über erweiterte pflegerische und klinische Kompetenzen, die es ihnen erlauben, bei komplexen Entscheidungsfindungen zu koordinieren, Patientenbedürfnisse in interprofessionellen Teams einzubringen und über Teile der Behandlung selbst zu entscheiden.

In einer Studie beschrieben Tumor-Patient:innen und ihre Angehörigen die kontinuierliche Betreuung durch eine APN als grosse Unterstützung: nicht nur, was die Vernetzung mit Fachpersonen und Anschlussangeboten betraf, sondern auch seelisch, als mitfühlende Vertrauensperson. In einer anderen Erhebung erlebten Patient:innen mit APN-Betreuung eine höhere Lebensqualität, weniger Stress und weniger unerfüllte Bedürfnisse. Allerdings gibt es in Schweizer Spitälern nur wenige APNs, nicht selten eine einzige Person. Regelmässig eingesetzt werden sie nur in wenigen Zusammenhängen, etwa bei Krebserkrankungen oder in der Kindermedizin. Ein ausgebauter Einsatz von Pflegeexperten APN oder anderer Patientencoaches bei disziplinenübergreifenden Eingriffen, langen Spitalaufhalten sowie bei chronisch und mehrfach Erkrankten – etwa in Alters- und Pflegeheimen – wäre sinnvoll.

Koordinierte interprofessionelle Netzwerke
Der Bundesrat will es ermöglichen, dass Fachpersonen aus unterschiedlichen Gesundheitsberufen sogenannte «Netzwerke zur koordinierten Versorgung» bilden, welche die gesamte Versorgungskette aus einer Hand abdecken. Diese Netzwerke, so die Idee, übernehmen die Koordination der Behandlung und werden dafür auch entschädigt. Die Hoffnung: Verbesserungen bei Qualität und Patientenzufriedenheit dank weniger Doppelspurigkeiten. Ein sehr sinnvoller Ansatz.

Selbsthilfe in Patientengruppen, durch Familie und Freunde
Psychologische Auswirkungen von schwerwiegenden Eingriffen oder Diagnosen setzen nicht selten erst nach dem Ereignis ein. Meist kann der Hausarzt an geeignete professionelle Anlaufstellen verweisen. In vielen Bereichen bestehen aber auch Selbsthilfegruppen: Der Austausch mit anderen Betroffenen kann ein wertvoller Faktor dabei sein, den Umgang mit einem plötzlich veränderten Leben umfassend anzugehen. Ratsam ist zudem, das familiäre und soziale Umfeld einzubinden. Sollte einen die Situation nachträglich plötzlich überwältigen, können enge Bezugspersonen die Signale deuten und Unterstützung organisieren.

_Stephan Bader, freier Mitarbeiter Kommunikation

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