Update Dezember 2021 bzgl. Booster-Impfung
Wenn die SPO Patient*innen und Versicherte berät, machen wir den Ratsuchenden oft Mut, kritisch zu sein, Bedenken zu äussern und die eigene Behandlung selbstbewusst anzugehen. Also nicht einfach blind der Empfehlung ihrer Ärzt*innen zu folgen, wenn es dem eigenen Bauchgefühl widerspricht, und nach Alternativen zu fragen – bis hin zur Frage, ob ein Eingriff überhaupt notwendig ist. Dass viele Menschen ein Zögern spüren und Fragen zur Covid-Impfung stellen, kann die SPO also nur begrüssen.
Ebenso klar empfehlen wir Ihnen dringend, sich impfen zu lassen – umso mehr, wenn Sie zu einer Risikogruppe gehören oder nahen Kontakt zu Personen aus dieser Gruppe haben. Die SPO Patientenorganisation stellt sich hinter die Impfstrategie und -empfehlung des Bundes. Nach anfänglicher Knappheit stehen nun ja genügend Impfdosen und Kapazitäten sich impfen zu lassen zur Verfügung.
Ist das nun ein Widerspruch zur kritischen Haltung, zu der wir Ihnen immer wieder raten?
Nein.
Wenn wir Ihnen bei medizinischen Entscheidungen raten, nicht zu schnell einer Behandlung zuzustimmen, wenn Sie unsicher sind, dann um Ihnen Zeit zu geben, Argumente und Alternativen in Ruhe abzuwägen – Sie wissen selbst, es kann manchmal schnell gehen beim Arzt. Im Fall der Covid-Impfung sprechen die Argumente aus unserer Sicht eine eindeutige Sprache:
- Die Impfungen stellen einen wichtigen Schutz für besonders gefährdete Menschen und ihre Angehörigen dar. Und bei Bestätigung erster wissenschaftlicher Hinweise auf einen Schutz von anderen wird auch der Solidaritätsgedanke es gebieten, auf vulnerable Bevölkerungsgruppen Rücksicht zu nehmen.
- Auch für alle anderen Menschen scheint angesichts der frappierenden Übersterblichkeit einzig der Schutz der Risikogruppen eine Perspektive für mehr Normalität und soziale Kontakte zu eröffnen. Für mehr Wirtschaft, mehr Kultur, mehr Familie, mehr Freiheit, mehr Leben. Das Ziel einer Rückkehr zur Normalität ist auch angesichts der psychischen und sozialen Belastungen ein wichtiges Anliegen, ebenso mit Blick auf das Gesundheitspersonal, das derzeit unter einer enorm hohen Belastung steht.
- Nebenwirkungen: Ja, der Zeitdruck bei der Entwicklung dieser Impfung war gross. Dennoch durchliefen die Impfstoffe die wichtigsten Testphasen und erzielten nicht nur bei der Wirksamkeit, sondern auch bei der Verträglichkeit – teils abgesehen von seltenen allergischen Reaktionen – sehr gute Ergebnisse. Zwar sind die nun zugelassenen Impfstoffe vom Prinzip her neu, aber wie bei anderen Impfungen treten auch sogenannte «Langzeit»-Nebenwirkungen mit hoher Wahrscheinlichkeit innert weniger Wochen auf. Natürlich gibt es keine 100-prozentige Sicherheit, aber nach Testgruppen mit 15 bis 20’000 Personen und Beobachtungszeiten über 2 bis 3 Monate in den Studien dürften die möglichen Nebenwirkungen der zugelassenen Vakzine mit einer Wahrscheinlichkeit von ca. 99.99% erfasst sein. Die meisten sind mild oder dann sind sie selten.
Update Dezember 2021 bezüglich Auffrischungsimpfungen: Die SPO empfiehlt in Übereinstimmung mit der Eidgenössischen Kommission für Impffragen EKIF, allen Personen ab 16 Jahren 6 Monate nach der zweiten Impfung eine Auffrischungs- oder Boosterimpfung. Dabei sollen sich in erster Linie Personen über 65 Jahren und/oder besonders gefährdete Personen ein drittes Mal impfen lassen. Aber auch allen anderen wird eine solche Impfung empfohlen. Bei stark ansteigenden Fallzahlen, Hospitalisationen sowie bereits sehr begrenzten Intensivkapazitäten ist es besonders wichtig, dass wir uns und indirekt andere vor einer Ansteckung und/oder einem schweren Verlauf schützen. Dies hilft auch Patient:innen, welche nicht von Covid betroffen sind, aber welche auf eine (intensiv-)medizinische Versorgung angewiesen sind. Ansonsten besteht die Gefahr, dass nicht nur Behandlungen verschoben werden müssen sondern eine Auswahl (Triage) von Patient:innen mit den besten Überlebenschancen stattfinden muss. Nur diese würden dann noch intensivmedizinisch behandelt.
Update mögliche seltene Nebenwirkungen (unter 1/10’000): Swissmedic publiziert regelmässig Updates der eingegangenen Meldungen sowie Untersuchungen zu möglichen Nebenwirkungen. Da die Ursächlichkeit der Impfung nicht letztendlich gesichert ist und somit nur aufgrund einer Häufung und einem zeitlichen Bezug zur Impfstoffverabreichung vermutet wird, wird das Wort «möglich» verwendet. Da die meisten möglichen Nebenwirkungen auch ohne Impfung natürlich auftreten können, kann es schwierig sein, eine Ursache-Wirkungsbeziehung ausgehend von der Impfung nachzuweisen. Erwähnenswert sind z. B. die Folgenden:
- Gürtelrosen (Herpes zoster, Wiederaufflammen des Virus, welcher meist als Kind die Windpocken verursacht) mit Schmerzen (brennend, stechend, pulsierend), Rötung und gruppierten Bläschen meist einseitig am Körper/Gesicht in einem Nervenversorgungsgebiet. Da eine Gürtelrose innert 72 Stunden grundsätzlich behandelbar ist und damit wahrscheinlich das Risiko für mögliche länger anhaltende Schmerzen vor allem bei älteren Menschen gesenkt werden kann, lohnt es sich, früh eine medizinische Fachperson aufzusuchen. Allerdings erfolgt die Behandlung dann auch in einer Nutzen-Risiko-Abwägung im Einzelfall, d.h. dass nicht jede Gürtelrose behandelt wird. Übrigens kann auch gegen Herpes zoster – unabhängig von der Covid-Impfung – geimpft werden. Bei Gesunden wird die diese Impfung ab 65 Jahren empfohlen, unabhängig davon, ob die Windpocken durchgemacht wurden oder nicht.
- Herzmuskel- und Herzbeutelentzündungen (Myokarditis, Perikarditis) vor allem bei männlichen Jugendlichen und jungen Männern mit Schmerzen in der Brust, Atemnot, Abgeschlagenheit, Herzrhythmusstörungen meist innert 4 bis 7 Tagen nach der zweiten Impfung. Die meisten beschriebenen Fälle verlaufen mild. Trotzdem ist es wichtig, bei Beschwerden eine medizinische Fachperson aufzusuchen. Abklärungen, Behandlung (wenn gesichert), Überwachung im Spital und Sportkarenz über Monate können die medizinischen Vorgehensweisen und Folgen sein. Siehe dazu: https://www.swissmedic.ch/swissmedic/de/home/news/coronavirus-covid-19/covid-19-vaccines-safety-update-4.html
- Meldungen bei vermuteten Nebenwirkungen: Wenn Sie eine mögliche Nebenwirkung eine Impfung bemerken, melden Sie sich bei einer Gesundheitsfachpersonen mit der Bitte um Meldung an Swissmedic und/oder melden Sie selber die vermutete Nebenwirkung an Swissmedic unter: https://www.swissmedic.ch/swissmedic/de/home/humanarzneimittel/marktueberwachung/pharmacovigilance/patienten-innen.html
Update Kinder und Jugendliche 12 bis 15 Jahre: Am 22.06.2021 hat der Bund eine Empfehlung zur Impfung von 12- bis 15-Jährigen herausgegeben. Allerdings wird zu einer guten Abwägung zwischen möglichem Nutzen und den Risiken geraten. So wird die Impfung in erster Linie für Jugendliche mit bestehender Risikosituation oder bei solchen, welche im gleichen Haushalt mit einer Person in einer Risikosituation leben, empfohlen. Aber auch andere Jugendliche können sich impfen lassen.
Die SPO empfiehlt den Jugendlichen und ihren Eltern, sich aktiv mit dem Thema auseinanderzusetzen und sich zu informieren. Wichtig ist es zum jetzigen Zeitpunkt mit stark ansteigenden Fallzahlen sowie Hospitalisationen und Intensivbehandlungen, dass eine aktive Entscheidung für oder gegen eine Impfung gefällt wird. Bezüglich Informationsquellen verweisen wir auf die oben und unten aufgeführten Links.
Update Dezember 2021 bzgl. Booster-Impfung: Personen im Alter unter 30 Jahren sollten aufgrund dieser möglichen Nebenwirkungen am Herzen nur noch mit Comirnaty® (Pfizer/Biontech) geimpft werden (betrifft alle Impfdosen: 1., 2. und 3.). Sicherheitsmeldungen lassen einen Vorteil – weniger häufige Herzmuskel- und -beutelentzündungen unter Comirnaty® – gegenüber Spikevax® (Moderna) vermuten.
Übrigens ist auch die Angst vor einem von manchen herbeigeschriebenen «Impfzwang» unbegründet. Ein Impfobligatorium wäre rechtlich möglich, aber nur eingeschränkt auf bestimmte Personengruppen (z.B. Pflegefachpersonen), und auch davon sind wir derzeit noch ein gutes Stück entfernt. Dass Sie physisch zu einer Impfspritze gezwungen werden, ist völlig ausgeschlossen, auch eine Busse wegen «Impfverweigerung» ist in der Schweiz undenkbar – unser Land gewichtet die Freiheit des Individuums sehr hoch.
Im Moment kann zu den Impfungen sehr viel Widersprüchliches gehört und gelesen werden. Vertrauen Sie auf wissenschaftsbasierte Quellen. Sollten Sie unsicher sein, empfehlen wir Ihnen, sich bei den offiziellen Stellen wie BAG, Swissmedic, Infovac oder auf der Website Ihres Wohnkantons zu informieren. Sollten Sie auch danach Unsicherheit bemerken, suchen Sie das Gespräch mit Ihrem behandelnden (Haus-)Arzt oder Ihrer behandelnden Ärztin. Diese/r kann Ihnen weiterhelfen.
Der Entscheid, ob Sie sich impfen lassen wollen, liegt letztendlich allein bei Ihnen – und das ist gut so. Der Rat der SPO ist aber ein klares JA zur Corona-Impfung. Im Interesse der vulnerablen Personengruppen, aber letztlich von uns allen.
Weitere Informationen zu den Impfungen finden Sie zum Beispiel auch unter den folgenden Links:
https://www.sg-impft.ch/corona-impfung/#videos-corona-impfung
https://www.multiplesklerose.ch/de/aktuelles/detail/webinar-covid-19-impfung-bei-multipler-sklerose/
Diese mRNA, die gespritzt wird, wird synthtisch hergestellt. Wer garantiert, dass sie im Körper die gleiche Wirkung hat, wie eine körpereigene RNA? Körpereigene RNA wird schnell wieder abgebaut. Tut das synthetische mRNA auch? Was können für Spätfolgen auftreten, bei einem Impfstoff, der noch nicht einmal ein paar Monate gewirkt hat? Wo andere Impfstoffe 10 bis 20 Jahre überprüft wurden. – Merkwürdigerweise gibt es gar keine Studien für die Risikogruppen, Menschen über 70 Jahre z. B. Und um die geht es doch eigentlich. Kann mir Jemand das erklären? Danke!
Sehr gute Empfehlungen auch im Hinblick auf die Solidarität innerhalb der Bevölkerung. Der Schutz der besonders gefährdeten Mitbürger steht im Vordergrund.
Vielen Dank!
Ihren digitalen Newsletter schätze ich sehr – danke:)
Herzlichen Dank, das freut uns!
Guten Tag
Mein Mann konnte gestern die erste Impfdosis der Covid-Impfung entgegen nehmen.
Da stellt sich uns die Frage, bezüglich eines Impfausweises in elektronischer From (myCOVIDvac), das ein Modul von http://www.meineimpfungen.ch würde.
Ist dies empfehlenswert, oder ist es ebenfalls kritisch mit dem Datenschutz, wie beim E-ID-Gesetz? Wir sind hin und her gerissen, da man uns sagte, dass es bei Reisen ins Ausland besser wäre, die E-Version zu haben, damit man überall darauf zurückgreifen könne….
Was raten Sie uns?
Mit freundlichen Grüssen
Dagmar Andrist
Danke für diesen interessanten Kommentar und die Fragen. Was Sie bereits sehr gut beschreiben ist, dass es eine Abwägung zwischen Nutzen und möglichen Risiken ist. Vielleicht kann Ihnen bei dieser Abwägung helfen die Datenschutzbestimmungen https://www.meineimpfungen.ch/privacy.do sowie wer hinter diesem elektronischen Impfausweis steht (auch Firmen, als Geldgeber) unter https://www.meineimpfungen.ch/about.html anzuschauen. Ansonsten können Sie sich für eine Beratung über info@spo.ch an uns wenden.
Update vom 23.03.2021: Die vorbestehende Antwort wird der Transparenz halber so belassen. Nach Berichterstattung des Online-Magazin Republik hat der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte ein Verfahren gegen die Impfplattform meineimpfungen (Punkt) ch eröffnet (siehe https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-82804.html). Es stehen gemäss Berichterstattung Republik gravierende Vorwürfe im Raum, welche eine mangelnde Datensicherheit der Impfdaten nahelegen und welche gemäss summarischer Prüfung des EDÖB als plausibel erscheinen. Wir raten Patientinnen und Patienten dazu, den Ausgang dieses Verfahrens abzuwarten. Wir hoffen, dass die Vorwürfe baldmöglichst geklärt und die gegebenfalls vorhandenen Mängel behoben werden können bzw. dass eine andere sichere Lösung geschaffen wird.
Ich wäre für eine Antwort Ihrerseits, betreffend meine Fragen vom 4. März, sehr dankbar.
Besonders auch betreffend die Frage, warum keine Studien für betagte Menschen vorliegen. Es ist ja bekannt, dass die normale Grippeimpfung bei Menschen über 65 keine Wirkung mehr zeigt. – Warum hat man gerade diese nicht untersucht? Um die geht es ja eigentlich.
Danke für Ihren Kommentar zu den Impfungen von gestern, 4. März. Sie stellen interessante Fragen, die sich nicht alle im Rahmen einer Kommentarfunktion beantworten lassen. Bezüglich Spätauswirkungen: Es ist – aufgrund von Nebenwirkungen bei anderen Impfungen – nicht zu erwarten, dass solche nach über 2 bis 3 Monaten erstmals auftreten. In den Studien gab es über 70 jährige Patientinnen und/oder Personen aus Risikogruppen (teilweise mehrere hundert bis wenige tausend). Für zusätzliche Informationen können Sie sich für eine Beratung über info@spo.ch an uns wenden.
Im Prinzip bin ich einverstanden damit, dass man sich aus Solidarität, besonders gegenüber den vulnerablen Personen, impfen lassen sollte. Die Impfung ist zwar gratis, aber wenn ich Nebenwirkungen habe, spielt die Solidarität in umgekehrter Richtung nicht, d.h. notwendige Behandlungen zahle ich dann selber. Das finde ich nicht fair und lasse ich mich deshalb vorläufig nicht impfen!
Vielen Dank für Ihren Kommentar. Sie haben insofern recht, dass für Sie für die Behandlung von Nebenwirkungen die üblichen Kostenbeteiligungen (Franchise, Selbstbehalt, ggf. Spitalkostenbeteiligung) über die Krankenversicherung (Grundversicherung) bezahlen müssen. Über maximal CHF 3’200 pro Kalenderjahr bezahlt aber die Krankenkasse alle notwendigen Behandlungskosten (ausgenommen ggf. Spitalkostenbeteiligung). Hier spielt also die Solidarität, allerdings erst ab einem Grundbetrag. Bei dem Lohnausfall kommt es auf Ihre Arbeitssituation (selbstständig, angestelt usw.) an und ggf. über Krankentaggeld-Versicherungen via Ihren Arbeitgeber. Unwahrscheinlicherweise (weil Nebenwirkungen meist vorübergehend) könnten auch noch weitere Kosten dazu kommen.
Aber es muss der Vergleich mit Covid-19 (Grunderkrankung) in Ihrem Einzelfall in Betracht gezogen werden: Wenn Sie nicht geimpft sind, ist sehr wahrscheinlich die Gefahr einer Ansteckung um einiges höher und leider auch die Gefahr für einen schweren Verlauf. Damit laufen Sie auch in diesem Fall Gefahr Kosten (gemäss Kostenbeteiligung über die Krankenversicherung sowie Lohnausfall) übernehmen zu müssen. Ebenfalls besteht eine – wenn auch insgesamt geringes Risiko – für eine längerfristige Einschränkung Ihrer Gesundheit (im Sinne Long Covid). Grundsätzlich würde ich dieses Risiko von der Wahrscheinlichkeit (wie hoch ist die Gefahr oder wieviele Menschen sind davon betroffen (pro Bevölkerungszahl)?) her im Moment bei steigenden Fallzahlen und ansteckender Delta-Mutation als höher einstufen, als dass Sie bei der Impfung eine längerdauernde (über Tage bis Wochen) Nebenwirkung erleiden.
Ebenfalls gäbe es bei der Impfung bei einer sehr schwerwiegenden Nebenwirkung die Möglichkeit zu versuchen eine Entschädigung über das Epidemiengesetz anzustreben (maximal CHF 70’000).