Erweiterte Patientenverfügung ACP («Advance Care Planning» oder auch «Patientenverfügung plus» genannt), lagen Claudia Busslinger schon immer am Herzen. Sie arbeitet seit 2021 bei der SPO, wo sie sich zur ACP-Beraterin ausgebildet hat. Sie befürwortet die «Patientenverfügung plus» über eine reguläre Patientenverfügung, weil sie in ihrem Spitalalltag als Pflegefachfrau Intensivpflege immer wieder erlebt, dass Patientenverfügungen nicht umgesetzt werden können. Wir haben mit Claudia über die Vorteile der «Patientenverfügung plus» gesprochen:

Kannst du eine Situation aus deinem Alltag auf der Intensiv-Pflegestation schildern, in der eine Patientenverfügung nicht umgesetzt wurde?
Es gibt zum Beispiel immer wieder den Fall, dass Patient:innen in der Patientenverfügung festgehalten haben, niemals künstlich ernährt werden zu wollen, gleichzeitig aber in der gleichen Verfügung einwilligen, sich auf der Intensivstation behandeln zu lassen. Das schliesst sich jedoch grundsätzlich gegenseitig aus. Für eine optimale Behandlung auf der Intensivstation kann unter Umständen eine künstliche Ernährung ein essenzieller Teil des Behandlungsplan sein. Als «Laie» kann man das selbstverständlich nicht wissen.

Auch immer wieder sehr belastend ist, wenn Patient:innen ihre Behandlungswünsche nicht mit Ihren Nächsten besprochen haben. Wenn dann die Ärztin oder der Arzt Personen über den Wille ihres Angehörigen informiert, kann dies teilweise völlige Bestürzung auslösen. Insbesondere, wenn sie diese nicht in Einklang bringen können mit ihrem eigenen Bild von der betroffenen Person. Wenn die vertretungsberechtigte Person in einem solchen Fall völlig anders argumentiert als die vorliegende Patientenverfügung, kann dies den Arzt oder die Ärztin handlungsunfähig machen. Eine solche Situation ist für Patient:innen, Angehörigen und Fachpersonal gleichermassen belastend und untergräbt die Selbstbestimmtheit der Patient:innen.

Erkläre uns bitte in deinen eigenen Worten, was ACP genau ist und was die Vorteile oder auch Herausforderungen sind.
Oft liegt in der Praxis zwar eine Patientenverfügung vor, meist jedoch veraltet oder zu generell, widersprüchlich oder unklar formuliert. Bei manchen Patientenverfügungen wird gar nur angekreuzt, ob lebensverlängernde Massnahmen «Ja oder Nein» gewünscht sind. Sehr oft werden solche Entscheide auch nicht mit den Angehörigen gespiegelt. So kommt es erfahrungsgemäss sehr viel zu schwierigen Entscheidungen für Angehörige und das involvierte medizinische Personal.

Eine «Patientenverfügung plus» hat in vielerlei Hinsicht grosse Vorteile über einer reguläre Patientenverfügung. Es wird in Begleitung eines ACP-Experten – idealerweise im Beisein eines Angehörigen – besprochen, was die persönlichen Werte, der aktuelle Lebenswille, Wünsche und Vorstellungen zum Thema sterben UND Leben sind.

Basierend auf diesen Wertvorstellungen werden die Wünsche der betroffenen Person durch die Fachperson in die medizinische Fachsprache übersetzt. Dabei werden die Therapiewünsche zu einer Notfallsituation, einer länger andauernden Urteilsunfähigkeit unklarer Dauer, zum Beispiel auf einer Intensivstation, und einer bleibenden Urteilsunfähigkeit besprochen. Somit ist die «Patientenverfügung plus» nicht nur eine Willensäusserung für medizinische Ereignisse am Lebensende: Es können auch viele Fragen zu Behandlungen in dieser Beratung besprochen werden. Die «Patientenverfügung plus» ist wissenschaftlich fundiert und wird auch vom Bundesamt für Gesundheit empfohlen.

Die grösste Herausforderung bei einer ACP-Beratung ist, dass die Fachperson die einzelnen medizinischen Situationen soweit vereinfachen kann, dass die Klient:innen die unterschiedliche Umstände und Behandlungsoptionen, welche eintreten können, auch tatsächlich verstehen. Darauf werden die ACP-Expertinnen und -Experten gezielt geschult.

Im März hat die SPO an der Seniorenmesse ExpoSenio24 in Baden teilgenommen, mit dem Fokus auf die „Patientenverfügung plus“. Wie haben die Besucherinnen und Besucher auf dieses Thema reagiert?
Es hat mich sehr gefreut, dass wir mit unserem Stand auf reges Interesse gestossen sind. Patientenverfügungen werden in der Gesellschaft erfreulicherweise vermehrt zum Thema, das hat aber noch viel Luft nach oben.

Viele Interessierte haben mir am Stand bestätigt, dass sie eine Patientenverfügung haben, beim genaueren Nachhaken stellte sich aber oft heraus, dass diese vor Jahren ausgefüllt wurde, die Angehörigen nicht miteinbezogen wurden, oder es sich um ein «Kreuzchen-Formular» aus dem Internet handelt. Ich durfte viele bereichernde Gespräche mit Messebesucherinnen und -besuchern führen. Viele Menschen interessierten sich auch für meine praktische Erfahrung mit Patientenverfügungen auf der Intensivstation.

Es war mir wichtig ihnen aufzeigen, dass die einfache Antwort „Lebensverlängernd JA oder NEIN“ meist nicht reicht, um den Willen des Patienten in den verschiedensten medizinischen Situationen umzusetzen. Umso mehr freut es mich, dass das Interesse an der «Patientenverfügung plus» bei den Besucher der EXPOSenio so gross war.

 

Eine Patientenverfügung können Sie nicht früh genug erstellen, denn Patient:in wird man plötzlich. Lesen Sie auf spo.ch/advance-care-planning alles über die «Patientenverfügung plus» bei der SPO nach. Vereinbaren Sie noch heute telefonisch einen Termin für die Erstellung mit einer unseren ausgebildeten Beraterinnen: 044 252 54 22.