Eine junge Frau lässt im Mai 2022 einen schmerzhaften Abszess in ihrer Gesässfalte operieren, der anschliessende Wundbehandlungsprozess wird zu einer Achterbahnfahrt — dabei hätte man nur noch einmal richtig hinschauen müssen.

Sinus pilonidalis ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung der Gesässfalte. Bei Betroffenen befindet sich an dieser Stelle von Geburt an ein kleines Loch. Wachsen Haare hinein, kann dies zu Entzündungen und Fremdkörperreaktionen führen. Solche Entzündungen können harmlos sein, aber auch zu chronischen Abszessen führen, die grosse Schmerzen verursachen und das Sitzen massiv beeinträchtigen. Dann hilft nur noch eine Operation.

Aufgrund des grossen Leidensdrucks entschied sich auch Melissa P. (Name geändert) zu einem operativen Eingriff. Die Wundheilung in der Gesässspalte ist sehr anfällig und es kam leider tatsächlich zu einem Infekt. Die Wunde konnte deshalb nicht mehr zugenäht werden und wurde von nun an mit einer Vakuumtechnik versorgt. Dabei werden Verunreinigungen durch einen Unterdruck aus der Wunde abgeleitet. Bei einem gesunden Menschen führt das normalerweise zu einem schnellen Verheilen.

Doch bei Frau P. bleibt die Heilung aus, und sie muss fortan für jede Wundreinigung ins Spital. Der Vorgang ist derartig schmerzhaft, dass sie jedes Mal in eine Narkose versetzt werden muss: und dies über drei Monate hinweg, durchschnittlich zweimal pro Woche.

Für die Frau ist diese Situation auch psychisch sehr belastend. Sie fühlt sich schlechter als noch vor der Operation und hinterfragt zunehmend die Behandlung. Sie fordert weitere Abklärungen und eine Überweisung an ein spezialisiertes Zentrum. Ohne Erfolg, es wird unverändert weiterbehandelt. Erst nach acht Monaten wird auf ihr Anliegen eingegangen.

Zu ihrem Glück: Bei einer erneuten Operation wird ein Fremdkörper (Schwamm) aus der Wunde entfernt. Anschliessend braucht es nur einen einzigen weiterer Eingriff, um die Wunde neu zu verschliessen — seither ist die Frau beschwerdefrei.

Die SPO konnte nachweisen, dass die Behandlung nicht sorgfältig und korrekt war: Eine über Monate nicht heilende Wunde bei einem gesunden Menschen ist ungewöhnlich und hätte zu weiteren Abklärungen führen müssen. So wäre der Patientin viel Leid erspart worden. Die regelmässigen Beschwerden und Forderungen der Patientin wurden schlicht ignoriert.

Dass Patient:innen Experten für ihren eigenen Körper sind, könnte Behandlungen so oft abkürzen. Dieser Fall zeigt eindrücklich auf, dass die Expertise von Patient:innen die Heilung sehr stark beschleunigen oder sogar Schlimmeres verhindern können. Mehr zum Thema Patient:innenpartizipation bald in unserem Mitgliedermagazin «SPO Aktuell». Interessiert an einem Probeexemplar? Dann senden Sie eine E-Mail mit Vermerk «Probeexemplar Partizipation» an info@spo.ch. Oder werden Sie gleich noch heute Mitglied!