Cassandra Helfer engagiert sich seit zwei Jahren als Mitglied des Patientenbeirats der SPO und vertritt dort die Interessen der Patientinnen und Patienten. Sie leidet unter der tückischen Erkrankung ME/CFS – Myalgische Enzephalomyelitis welche auch unter dem verharmlosenden Namen – chronisches Erschöpfungssyndrom – bekannt ist. Das ist eine neuroimmunologische Multisystemerkrankung, von der direkt oder sekundär fast alle Körpersysteme betroffen sein können, weshalb ihr Körper nur ca. 5-20% „Akku“ im Gegensatz zu einem Gesunden hat.

Bitte stelle dich in ein paar kurzen Sätzen vor.
Hi. Ich heisse Cassandra, bin dieses Jahr 30 Jahre alt geworden und lebe in der schönen Thunerseeregion. Seit einem Infekt im 2009 mit dem Epstein Barr Virus, auch Pfeifferisches Drüsenfieber oder Mononukleose genannt, haben sich – stetig zunehmend – viele Symptome in mein Leben geschlichen, welche schlussendlich zehn Jahre später als ME/CFS diagnostiziert wurden. Derzeit durchkreuzt meine gesundheitliche Lage meine Hobbys, Familienplanung und die Ausübung meines Berufes in der Pflege.

Was ist dein Background, dein Werdegang?
Ich bin auf einem Bauernhof aufgewachsen und war deshalb von Kindesbeinen an sehr sportlich und gewöhnt anzupacken. Ursprünglich wollte ich die Ausbildung zur diplomierten Pflegefachfrau machen. Als Übergangslösung habe ich die Ausbildung zur Fachfrau Gesundheit gemacht.

Durch die Infektion im ersten Lehrjahr, von welcher ich mich nie mehr erholen sollte, war dann eine weitere Berufsbildung unmöglich. Obwohl das sehr schwer war, habe ich es geschafft, mich 10 Jahre im Beruf zu halten.

Wie hat die Krankheit / die Diagnose dein Leben verändert?
Meine Freizeit und die Lebensqualität wurden immer geringer und leider bin ich durch die Krankheit auf Unterstützung anderer angewiesen. Die Ausbildung zur diplomierten Pflegefachfrau konnte ich leider nicht mehr machen und für eine Umschulung war es bis zur Realisierung, dass es eine chronische Krankheit ist, welche schlecht therapierbar ist, ebenfalls viel zu spät.

Was ist deine Aufgabe als Mitglied im SPO-Patientenbeirat?
Anfangs war es meine Aufgabe, beim Aufbau des Patientenbeirates mitzuwirken. Mittlerweile stehen diverse Anfragen, Interviews und Projekte zu verschiedenen Themen an, bei denen wir nach Krankheitsbild, Kompetenzen, Interessen und gesundheitsbedingten Möglichkeiten teilnehmen. Beim aktuellsten Projekt, bei dem ich mitwirken darf, geht es zum Beispiel um die Erarbeitung eines Meldesystems für Patient:innen zur anonymisierten Meldung von kritischen Ereignissen und Beinahe-Schäden in Einrichtungen des Gesundheitswesens. Gerade weil ich das bekannte CIRS-Erfassungssystem (ein freiwilliges Meldesystem, in dem Spitalmitarbeitende kritische Ereignisse zwecks Qualitätsverbesserung melden können) vom Beruf her gut kenne, ist es für mich gleich doppelt spannend mitzuwirken und in diesem Projekt eine Patient:innen-Sicht einzubringen.

Was hat dich dazu bewogen, dich für diese Aufgabe zu engagieren?
Im Prinzip habe ich mich vorher im Beruf für meine Patient:innen eingesetzt und jetzt tue ich das immer noch, nur in einer anderen Form. Einerseits engagiere ich mich aus der Not heraus, da ME so unbekannt ist und entsprechend Erkrankte unterversorgt sind und andererseits, weil das Interesse an Medizin und allem drum herum geblieben ist. Im Laufe der Jahre habe ich gemerkt, dass sich viele meiner Erlebnisse, mit denen anderer Patient:innen überschneiden. Ich möchte dazu beitragen, dass diese negativen Erlebnisse durch Information verhindert und gut funktionierende Aspekte weiter gestärkt werden können.

Was möchtest du Patient:innen mit auf den Weg geben?
Mein zehnjähriger Weg zur Diagnose war steinig und schwer. Ich kann Menschen, die auf der Suche nach der Ursache ihrer Beschwerden, sind nur empfehlen, nicht aufzugeben! Es ist wichtig, sich jemandem anzuvertrauen und Unterstützung beziehungsweise Begleitung für die Diagnostik-Phase einzuholen. Bitte lasst euch nie einreden, dass ihr «Einzelfälle» seid. 

Die SPO ist sehr dankbar für Cassandras grosses Engagement im Patientenbeirat der SPO und dafür, dass durch diese tatkräftige Unterstützung unsere Sichtweise und Arbeit für Patient:innen gestärkt wird.

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