Nach einer jahrelangen vergeblichen Diagnosefindung wurde bei Frau B. eine entzündlich-rheumatische Erkrankung diagnostiziert. Da sie zusätzlich noch an Diabetes und diversen Allergien und Unverträglichkeiten leidet, gestaltet sich die Therapie schwierig. Immer wieder stossen die Fachspezialisten an ihre Grenzen, Frau B.s Behandlung und Betreuung werden von Jahr zu Jahr unkoordinierter und fragmentierter- ihre Lebensqualität sinkt, während ihre Unsicherheit über die getroffenen Massnahmen steigt.
Herr L. wird nach einem Herzinfarkt in einem Spital medikamentös behandelt. Nach einer kurzen Rehabilitation kann er seinen Alltag normal fortsetzen. Die Nachsorge mit seinem Kardiologen funktioniert gut, seine Lebensqualität ist nicht eingeschränkt.
Die beiden Beispiele zeigen vereinfacht: Bedürfnisse von Patient*innen können sehr unterschiedlich sein. Je nach Behandlungs- und Betreuungssituation können Leistungen sehr gut oder überhaupt nicht standardisiert werden. Dies akzentuiert sich bereits im Unterschied zwischen akuten und chronischen Patient*innen: Denn das Schweizer Gesundheitssystem ist vor allem ein Akutversorgungssystem. Bei akuten gesundheitlichen Problemen, wie jenem vom Herrn L., ist es meistens ausreichend, wenn Patienten in einer bestimmten Fachdisziplin behandelt und betreut werden. Hier sind Standardisierungen sogar hilfreich, um Patient*innen rasche Unterstützung zu bieten.
Anders ist es, wenn Symptome nicht der Norm entsprechen und erst gar keine Diagnose gestellt werden kann. Noch schwieriger wird es, wenn mehrere Fachdisziplinen am Behandlungs- und Betreuungsprozess beteiligt sind. Untragbar schwierig wird es, wenn es sich um chronische oder sogar multimorbide Patient*innen wie Frau B. handelt. Diese Menschen machen fast ein Viertel der Schweizer Bevölkerung aus und sind wie keine andere Patientengruppe darauf angewiesen, dass die Koordination und Kommunikation zwischen den Disziplinen reibungslos funktioniert. Umgekehrt ist hier der Schaden besonders gross, wenn ebendiese Koordination und Kommunikation nicht funktioniert. Betroffene durchlaufen hier nicht selten jahrelange Kaskaden unterschiedlicher medizinischer Behandlungen, werden nicht ernst genommen und erhalten schlimmstenfalls kein eindeutiges Ergebnis, wie das Beispiel unserer aktuellen Podcastfolge zeigt.
Zusammengefasst lässt sich feststellen: Standardisierungen kommen vor allem Patient*innen zugute, die bereits einem vordefinierten Pfad folgen, wie dies bei Akutproblemen häufig der Fall ist. Sobald komplexe, unsichere Diagnosen oder gar Mehrfacherkrankungen vorliegen, stösst jede Form der Standardisierung an ihre Grenzen.
Genau diese Menschen, deren Symptome und Leiden nicht der Norm entsprechen, wenden sich häufig an die SPO. Die SPO kann hier helfen, Handlungsoptionen aufzuzeigen und Tipps zu geben, z.B.
- wie Zweifel und Bedenken dem Arzt oder der Ärztin kommuniziert werden können,
- welche Vorbereitungen vor dem Gespräch mit der Fachperson getroffen werden können,
- wann Zweitmeinungen oder ein Arztwechsel in Betracht gezogen werden sollten,
- welche weiteren Anlaufstellen zur Unterstützung zur Verfügung stehen.
Diese und weitere Hinweise finden Sie demnächst auf unserer Webseite in unserem Ratgeber „Medical Gaslighting in der Medizin – wenn Beschwerden nicht ernst genommen werden“ (Publikation geplant auf Ende August).
Haben Sie weitere Fragen oder Zweifel, sei zu einer Diagnose, Behandlungsempfehlung oder das weitere Vorgehen? Dann beraten wir Sie gerne. Buchen Sie ganz einfach über unsere Webseite einen Termin für eine Kurzberatung.